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Kurz bevor.

Morgen fährt der Zug früh ab und bringt mich nach Leipzig. Wieder eine Stadt mit L. Vergangenen Monat brauchte ich ein wenig Zeit, um die Geschehnisse zu ordnen, Worte zu finden, den beunruhigten Geist mit einer Wärmflasche zu stillen. Die Arbeit liess kaum Zeit dafür, doch der Gedanke an Weihnachten und alles, was dieses Fest eigentlich symbolisiert, half mir.

Die letzten zwei Novemberwochen waren eine einzige Hin-und Herfahrt. Lausanne war dabei das erste Ziel und ich muss sagen, dass es eine wirklich sehr hübsche Stadt ist. In ein paar freien Stunden baladierte ich die Hügel auf und ab, vorbei an Buchläden, kräftig angemalten Häuserwänden und beschloss die Sonne auf Schlittschuhen zu geniessen (der Muskelkater am nächsten Tag war dadurch zu ertragen). Es ist Jahre her, dass ich auf Schlittschuhen stand und es hat ein paar Minuten gedauert, wieder ein Gefühl dafür zu bekommen. Immerhin, eine Stunde habe ich es darauf ausgehalten und gekichert. Mittags probierten wir, dh meine Kollegen und ich, ein fantastisches türkisches Restaurant aus: Istanbul Grill&More (http://www.istanbul-grill.ch). Die Innendekoration war simplizistischer Aladin und das Essen ein Genuss. Falls ihr in Lausanne seid, solltet ihr diese Adresse unbedingt ausprobieren.

Drei Tage später, Richtungswechsel. Lille. Es goss in Strömen und konnte nicht einmal ansatzweise mit meinem letzten Besuch verglichen werden (Eintrag siehe http://crabette1.wix.com/et-si-cetait#!%E2%80%A6-im-Norden-ist-sie-nie-zu-sehen/cu6k/553cabf30cf23d0164520590). Drei Tage lang platscherte es vom Himmel. Die Unterkunft war allerdings zauberhaft und ich war ein wenig traurig darüber, nur eine Nacht dort verbringen zu können, da alles so poetisch und heimelich war. Da ich am Vormittag ein wenig Zeit hatte, ging ich ins Musée des Beaux Arts, das ich wirklich aufgrund seiner Struktur mag. Die hohen Mauern, die warmen Wandfarben, die flämischen Gemälde. Dort angekommen, spazierte ich durch die Ausstellung über die Joie de vivre – die Lebensfreude. Natürlich, eine Woche nach den Anschlägen, traf dies genau den wunden Punkt als es um Gemeinschaftssinn und Toleranz ging. Jede Metapher, jeder Ausspruch an den Wänden bekam einen süsslichen Beigeschmack.

Seitdem standen zwei Punkte auf der Tagesordnung: Weihnachten und Theater. Im Dezember werde ich immer ein wenig deprimiert, da es mir fehlt über Weihnachtsmärkte zu schlendern, Glühwein zu trinken, für die Familie Kekse zu backen. Also werden Dinge, wie die Wohnung zu schmücken, einen Weihnachtsstern besorgen, die Lichter und Dekorationen in den Läden zu sehen, etwas Besonderes. Im Gegensatz zu den letzten Jahren muss ich allerdings sagen, dass ich die Geschenkbesorgerei sehr ruhig und zeitig (daher auch die Ruhe) angegangen bin. Für die Schmuckbegeisterten gibt es Zauberhaftes von apoi (http://bijouxapoi.com/), für die Gourmandisen ein Glas aus der Chambre aux confitures (http://lachambreauxconfitures.com/e-shop/fr/) und für die Liebhaber von Kleinigkeiten und Co etwas Persönliches von emoi emoi (http://www.emoi-emoi.com/). Zudem mache ich mir immer einen Spass alles zu verpacken und dazu weisses Kraftpapier, Stempel, Sterne, Schleifen etc zu verwenden.

Im Theater gab es so viel zu sehen, dass ich es nicht lassen konnte, im roten Sessel Platz zu nehmen, auch wenn es fünf Stunden später schon wieder hiess aufzustehen. Aber wenn Joël Pommerat auf dem Programm steht, dann fällt es schwer, nein zu sagen… Und „Ca ira, Fin de Louis (1)“ war ein solcher Hit, dass ich tagelang nur davon gesprochen habe. Was für eine Wucht! Als wäre aus 1789 plötzlich 2015 geworden. Dabei war es erschreckend festzustellen, dass die Frage „Wer hat das recht an der Regierung teilzunehmen“ auch heute noch für Wirbel sorgt.

Ich habe auch wieder angefangen in die Comédie Française zu gehen. Lange Zeit stand sie auf Pause, da die gesehenen Stücke zu klassisch und strikt waren. Doch die letzen zwei Stücke „La double Inconstance“ von Marivaux und „La Maison de Bernarda Alba“ von Lorca waren wirklich zwei wunderbare Theaterabende. Alles stimmte. Der Humor, der Sarkasmus, die Bühne, die Kleider, der Dekor, die Schauspieler, frisch und dramatisch. Man hing an den Worten und verfolgte die Handlung ohne Luft zu holen. Genuss im Saal. Und die wunderbare Anne Kessler schimmerte. So wie es sein muss.

Es macht immer wieder aufs Neue Spass und ist aufregend, einen Theatersaal zu betreten, die Nervosität vorher zu spüren, den Erwartungshorizont zu kitzeln und dann tief in eine andere Welt zu fallen. Wir sitzen vor Menschen, fiebern mit ihnen mit, spüren ihren Enthusiasmus, hören ihre Versprecher, ihre Menschlichkeit, ihre spontanen Lacher und treten, durch unsere Reaktionen, direkt mit ihnen in einen Dialog. Ich freue mich auf das nächste Jahr und weitere dramatische Begegnungen.

Und nun wünsche ich euch herrliche Weihnachten mit eurer Familie und euren Freunden, einem geschmückten Tannenbaum, einem schweren Wein und allem, was für euch zauberhafte Feiertage ausmacht.

Bis zum nächsten Jahr mit Applaus und Getöse.

Joyeux Noël et une bonne fête de fin d’année !


Il était une fois ...

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