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Schlaraffenferien und Rauchschwaden.

Da ist sie wieder. Da lief sie gleich am ersten Tag am Eifelturm vorbei, zog den chapeau und rief: "Sie haben sich aber gut gehalten in den letzten sechs Monaten.".

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In den letzten Tagen wurde fleißig aus-und aufgeräumt. So ein Wiedereinzug ist ja doch eine praktische Sache, wenn es darum geht endlich mal den Kleiderschrank auszuräumen. Mich packte dabei so ein Eifer, dass dieses Projekt bis zu den Socken durchgeführt wurde. Drei Säcke sind dabei herausgekommen und der Entschluss, den Winterschlussverkauf auslassen zu können. Beim durch den Kleiderschrank- Stöbern fand ich Dinge, die für mich einen sentimentalen Wert darstellen, für die es aber Zeit wurde, adieu zu sagen, um neue Erinnerungen zu schaffen, wie zum Beispiel eine Secondhandtasche, die ich bestimmt schon 20mal geflickt habe.

Allerdings wurde meine vestimentäre Umgestaltung von einem Ereignis über den Haufen geworfen:

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Am Freitag musste ich unter anderem ein Paket abholen (Bücher über Bücher). Ich war deshalb ziemlich genervt, da der Lieferant die Bestellung am anderen Ende des Quartiers versteckt hatte und nicht, wie üblich, bei der Postfiliale um die Ecke. Schnaubend und mit schnellem Schritt fand ich mich dann jedoch vor einem Secondhandladen wieder. Während die Mademoiselle mein Buch suchte, blickte ich mich kurz um und bekam wackelige Knie. Also setzte ich die Prinzipien & die Raison vor die Tür und schwirrte eine Weile herum. Und ja, es hat sich gelohnt. Fürwahr es fühlte sich an als hätte Goldlöckchen süßen Brei gerochen. Ihr wollt die Adresse? OK, hier ist sie: Au Grenier d'Anais, 44 rue de Fleurus, 75006 Paris. Ein wahres Paradis für Rockmädchen!

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Wieder einmal im Theater gewesen. Doch diese Male hatte ich das Gefühl, eine weiße Perrücke aufzuhaben und den Hammer zu schwingen: Nein, nö, non! Zum Einen hatte ich die Möglichkeit "Madame Bovary" in der Filature in Mulhouse zu sehen und das war anfangs merveilleux, da ich beim Bühnenaufbau Mäuschen spielen und den Regisseur kennenlernen durfte. Jedoch, kam das dicke Ende schon bald. Rauchschwaden, Gebrüll, eine Madame Bovary, die eher an eine 15-Jährige Oberschnauze erinnert, die die Beine nicht zusammen halten kann. Monsieur Flaubert hat wahrscheinlich noch in derselben Nacht in seinem Grab Rachepläne geschmiedet.

Genauso ging es auch am Samstag bei "La Venus à la fourrure" zu. Knall, Peng, Tralala... und die Kraft des Wortes? Und da kam mir die Frage auf: Gibt es eine Grenze, bis zu welcher man Klassiker interpretieren darf? Und was soll das mit dem Ausschöpfen aller Gerätschaften einer Bühne? Wie soll man denn als Zuschauer der Inszenerie folgen, wenn man eher damit beschäftigt ist die Beatmungsmaske unter dem Sitz zu suchen oder den Röntgenblick zu versuchen, da die Schauspieler nicht mehr zu erkennen sind? Wie weit kann Theater gehen und wann ist es nichts anderes mehr als ein riesiges Feuerwerk? Die Bühne als Ort des Wortes, sollte doch eher als Flaschenpost, Sprachrohr, Telefonhörer, Brieftaube genutzt werden - ein Ort, etwas zu sagen und nicht durch sprühende Funken mundtot gemacht zu werden.

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Viel gelesen (ich verschlinge förmlich "Oona & Salinger" von F.Beigbeder), mit den Füßen und dem Herz durch Paris getanzt. Gesehen, wie viel sich in sechs Monaten, in drei Jahren verändert hat. Die sonntäglichen Spaziergänge mit Tee, Buch und Kamera, die in geheime Ecken und unbekannte Läden führten, wurden durch einen lieben Arm ausgetauscht. Das ist auch nicht weiter schlimm, nur wurde es mir neulich richtig bewusst. Natürlich verändern Beziehungen, jeder der das Gegenteil behauptet ist eine naive Tomate. Und doch ist es erstaunlich, das so wichtige Momente einfach aufhören, ersetzt werden und nur noch rarissim durchgeführt werden.

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Am Dienstag war Feiertag. Während in Deutschland um 11h11 Tröten prusteten, zogen wir los um italienische Malerei in Kirchen zu entdecken. Mit einem Plan in der Tasche genossen wir die wunderbare Sonne bis... wir vor verschlossenen Türen standen. Seit wann haben Kirchen geschlossen und, noch schlimmer, Öffnungszeiten? Das für mich Groteske an diesem Tag war zudem, dass alle Geschäfte offen hatten. Das heißt also, dass ich die Beichte in der Umkleidekabine von Zara ablegen oder auf Chanel schwören kann, aber das Erklimmen von Kirchenstufen unmöglich ist? Na gut, wir wollten uns Gemälde ansehen, aber erstaunlich war es allemal. Also spazierten wir zur Seine, machten kurz halt am Hôtel des Invalides, ließen uns die Nasenspitzen wärmen und genossen abschließend Labyrinth-und Hüpfspiele an den Quais de Seine.

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Was meint ihr, ein gelungenes Wiederkommen? Oh ja, da stimme ich zu! Ausgeglichenheit wo ich hinschaue, obwohl sich letzte Nacht jemand in meinen Schlaf einmischte und leise sagte: "Hey, solltest du nicht gestresst die Haare verdrehen und dich fragen, wie es weitergehen soll?". Oh la la, die Realität zwickte mich in den kleinen Zeh... Aber habe ich mir nicht eine Woche Auszeit verdient? Oder, wie meine Friseuse ausdrückte: "Ferien, in Paris, echt?" Und ich sie nur ansah und mit voller Vorfreude sagte: OUI!

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Kommt gut durch die nächsten Tage! A bientôt!


Il était une fois ...

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