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Ein Wochenende. Wo war gleich nochmal die Tür?

Am letzten Wochenende regnete es. Es war frisch. „Zappenduster“ stand dem Himmel auf der Stirn geschrieben. Ich nutzte dieses Wolken-PMS und machte all die Dinge, für die ich sonst zwischen Austellungen, Theaterabenden und Teetrinken auf schnieken Terrassen kaum Zeit finde (oder höflich ignoriere). Es geht in ein paar Tagen nach Paris zurück, daher kam es jetzt in den letzten Wochen immer vor, dass Taschen mit Kram gepackt werden und nach Paris gebracht werden mussten. Einen Stuhl umzuziehen, ist wirklich die drolligste Aktion und verhilft gleichzeitig zum Kontaktaufbau. Sich mit einem himmelblauen vierbeinrigen, wackligen Exemplar dieser Gattung in die Straßenbahn und in den Zug zu bewegen, lässt so manche Zweibeiner kichern (oder vor Wut schäumen, auch wenn mir dafür kein Grund einfällt). Habe ich jetzt den Faden verloren? Allerdings.

Ach so, das letzte Wochenende. Freitagmorgen sah ich in Straßburg, dass Helfer der öffentlichen Hand die Bäume auf dem Opernplatz kahl rasierten. Alle Blätter fielen zu Boden und plötzlich sahen die Baumstümpfe wie geballte Fäuste aus. Na gut, man kann dadurch prima auf die Spitze der Kathedrale sehen, aber hätte man nicht das bisschen Natur an seinem Platz lassen können? Denn, wenn jetzt die Kinder auf dem Trampolin, das vor der Oper steht, jetzt zu hoch springen, werden ihre Köpfe von den grauen Fäusten ein Zeichen gesetzt bekommen. Das konnte ich mir nun wirklich nicht mitansehen und fuhr also in die Hauptstadt. PARIS. In ein paar Tagen haben wir uns wieder…

Ich nutzte also das vergangene Wochenende und die Stimmungsschwankungen der Regentropfen und machte mich rar. Weder die FIAC, die Foire internationale de l’art contemporain, konnte meine Neugier wecken. Im letzten Jahr spazierte ich mit einer Télérama unter dem Arm durch den Grand Palais, machte Fotos, setzte mich auf Holzblöcke, die in Realität Kunstwerke waren und war am meisten von einer glitzernden türkisfarbenen Riesenmurmel im Jardin de Tuileries begeistert. Ich las auch keine Zeitungsartikel, stöberte auf keinen Blogs rum und trank öffentlich Tee. Absatzschuhe wurden gegen dicke Socken getauscht.

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Jedoch ging es Freitagabend in die Oper zu Tosca. Das letzte Mal, zu Travaiata, habe ich zum allerersten Mal die fabelhafte Aussicht auf Paris von der Opéra Bastille mitbekommen und genossen. Da gehe ich nun wirklich seit Jahren mindestens einmal im Monat in dieses Gebäude und habe nie aufmerksam den Kopf nach rechts, zu dem gigantischen Fenster in der letzten Etage, gedreht. Oder lag es an den letzten Sonnenstrahlen, die Paris einrosaierten, dass es mir auffiel? Kann ich nicht mehr sagen. Tosca. Klassisch, dramatisch, gut. Am Ende, ganz erschlagen von all den Emotionen und inneren Kämpfen, die wohl selbst für eine Jane Austen zu viel des Guten gewesen wären, war ich doch über das Ende erstaunt. Da kämpft Tosca, diese Diva, gegen Eifersucht, Tyrannei und Rivalität, trickst (teilweise) das Schicksal aus und dann braucht sie eine himmlische Kraft, um mit ihrem Gegner abzurechnen? Wieso, traute Puccini ihr denn so wenig zu?! Das hat mich wirklich geärgert…

Die nächsten zwei Tage verbrachte ich mit dem Aufräumen meiner Schuhe, dem Organisieren meiner Herbst-und Winterkleider, dem Lesen der Vogue, Dekorationsplänen für den Schreibtisch und anderen Elementen der Wohnung (dabei habe ich lustig das Buch „La Parisienne“ von Ines de Fressange zum Hundertsten Mal studiert), mit dem Lesen von Büchern, mit dem Informieren über mir bislang unbekannte Bücher, Teetrinken, Küssen und Musik von Glenn Miller und den Fleet Foxes. Schon der Gedanke an ein überfülltes Café und dem Anstehen vor einem Museum ließ mich noch mehr Zement vor die Tür gießen. Ich habe so manches über Niki de Saint Phalle gelesen und freue mich nun wirklich sehr auf die Ausstellung im Grand Palais. Auch habe ich mich endlich, nach 8 Monaten, mit dem Kinoprogramm beschäftigt und gleich drei Filme auf die Liste gesetzt.

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Ja, auch so ein Wochenende braucht der Kopf, den ich mir hin-und wieder wie diesen Würfel mit den vier verschieden farbigen Seiten vorstelle, auch manchmal um wenigstens ein Viereck in ein einheitliches Muster verrücken zu können.


Il était une fois ...

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