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Es verlangt nach zen-igen Lichtflocken.

Das Licht in Paris erinnert in den letzten Tagen an Puderstaub, wie wenn man den Pinsel ein wenig bewegt; an Mehl, das sich auf die Nase setzt, sobald man die Packung aufmacht. Es ist ein schönes Licht, weich und ohne Glanz. Kein Nebel, aber es hüllt die Straßen, die hausmannischen Häuser, die Café schlürfenden Pariser/innen in eine besondere Stimmung ein. Wir setzen mit unseren bunten Mützen und Schals Farbtupfer, währenddessen eine graue Klarheit über unseren Köpfen schwebt. Es ist eine Zeit, die ich sehr genieße, selbst mit drei Schichten mehr auf der Haut. Die fotografisch festgehaltenen Eindrücke eines kleinen Spaziergangs letztes Wochenende lassen euch hoffentlich ein wenig daran teilhaben. Dazu muss ich noch sagen, dass ich es mag in Höfe und Eingange zu sehen. Sind sie oft charmant, unerwartet bunt. Dann kann man sich fragen, wer wohl darin wohnt, wieviele Küsse abends ausgetauscht werden, wie sich wohl der Postbote zur Weihnachtszeit mit der Lieferung von Paketen quälen muss...

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Ich sprach in den letzten Wochen oft von Ruhelosigkeit. Sie ist immer noch da. Sie hält mich wach. Sie schickt bittere Tränen auf eine Reise über mein Gesicht, sei es im Kino oder allein. Nichts hält die Gedanken zusammen. Wie schade, dass es für sie weder Haar-noch Freundschaftsband gibt. In so einer großen Stadt wie Paris ist man jeden Tag mit all möglichen Facetten des Seins konfrontiert. All diese menschlichen Kostüme kann man ausprobieren, ohne sich an den Rand geschubst zu fühlen. Dadurch kann man sich folgende Fragen stellen: Was will ich? Was fehlt mir? Welche Entscheidungen treffe ich? Wie gestalte ich den nächsten Tag? Doch es scheint, als seien zur Zeit selbst essentielle Labelvergaben zuviel. Rive gauche, rive droite, trendiges Marais oder frenchy Jardin de Luxembourg, Hut oder Mütze, Stiefel oder Turnschuhe, das Einrahmen des Diploms auf welchem vermekt ist: "Ein Duplikat wird nicht ausgestellt." - oder nicht...

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Es ist eine interessante Zeit. Eine gefühlssprudelige Phase. Nicht, dass ich den Eindruck hätte, etwas zu verpassen. Ich versuche auf ein nicht vorhandenes Gaspedal zu treten und bemerke allerdings, dass die Straße eher einem Dschungel gleicht. Dabei sagt mir das Umfeld: Übe dich in Geduld, gehe die wahnsinnigen Schritte, die dir im Moment winzig vorkommen und vertraue, baue dir deine sicheren Straßen. Zen. Dabei möchte ich mich zur Zeit lieber wie Thomas Bernhard im Wald verstecken. Ein Faden ist da, er wurde vorgestrickt, doch scheine ich an seiner Sicherheit zu zweifeln, oder an meinen kräftigen Muskeln. Ich weiß es nicht. Früher bei anstehenden kopfzermaternden Fragen nahmen wir ein Lexikon und schlugen einen Begriff nach, erstellten Bilder und verstanden. Und heute? Da soll ich mein eigenes Nachschlagewerk sein. Es ist, als müsste man erst wieder laufen lernen. Nach dem Studium. Das hat bis jetzt nur blaue Flecke mit sich gebracht. Und dabei möchte ich all die Tränen und Fragen herausbrüllen - doch ich komme mir dabei wie ein Weichei vor. Nicht wie eine hartarbeitende, lächelnde und sprudelnde Kulturameise. An Tagen wie diesen komme ich mir eher wie Pinocchio vor. Mit einer gebrochenen Nase und verknoteten Füßen. Seine Sprunghaftigkeit mahnt ihn kurz mal durchzuatmen und sich seiner selbst bewusst zu werden. Und trotzig muss er eingestehen, dass er sich hinsetzen muss. Und es stimmt. Es war ein spektakuläres Jahr, röckig-rockig, aufregend, inspirierend, abschließend. Und alle Gedanken, die ich in eine Kiste verpackt hatte, kommen nach und nach zum Vorschein.

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Es scheint, als müssten sie ersteinmal bearbeitet werden, bevor es weitergehen kann. Geben wir dem Nachschlagewerk also Füllmaterial. Schließlich soll das nächste Jahr durchgetanzt werden. Pirouetten inklusive! Und mit Hut! (Warum hat eigentlich der Rest der Bevölkerung kein Problem beim Findus einer Kopfbedeckung mit Feder oder Band?! Währenddessen ich mir Madame Tussaud herbei wünsche, damit sie mir einen Kopf in perfekter Form zusammenzaubert.)

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Jetzt beim Durchlesen dieser Zeilen muss ich mir wieder einmal eingestehen, wie kopflastig ich bin. Es scheint schon über das Überdenken hinauszugehen. Oder sind das allgemein vertretbare Phasen? Ich meine, Marilyn hat schon recht: "Ein Vierteljahrhundert, da macht sich ein Mädchen Gedanken!".

Ich wünschte, es würde schneien. Sensible, weiche Wassersterne, die meine Gedankenwelt einhüllen könnten. Nicht so wie der kalte doofe Regen. Ich kann Sprühregen nicht leiden, eigentlich gar nichts sprühiges, sei es nun Haarspray oder Schlagsahne. Igitt! Faden verloren... Aber... Naja, vielleicht sollte ich stricken lernen. Schließlich soll diese Aktivität die Geduld anregen. Zen.

Anmerkungen sind gerne willkommen! Bis dahin, drückt die Daumen für weiße Flocken und Puderstaublicht! A bientôt!


Il était une fois ...

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