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Eine Seefahrt, die ist lustig und arrosig.

(Das Herz steht im Wohnzimmer vor seiner neuen Malerstaffel und versucht einen Elefanten zu zeichnen. Kerzen brennen und schimmern auf die weissen Blumen vor dem orangenen Vorhang. Harmonie umhüllt mich, wärmen die kalten Zehen auf und jede Faser fühlt sich wohl. Und du zeichnest einen Elefanten mit Stirnfransen, wie die Österreicher sie so hübsch nennen.)

Vor (wie vielen Wochen?) ging es beruflich für ein paar Tage nach Hamburg. Wochenlang bereiteten wir dies vor und ich hatte kaum Zeit, mich durch Artikel oder Blogs zu klicken, um die wundersamen Kleinlichkeiten der Stadt auf einem Spickzettel zu notieren. "Backen zusammen kneifen" hiess es also und auf Entdeckertour gehen. So viel Zeit blieb zwar nicht für das Baladieren und Staunen, aber es hat für einen ersten Eindruck gereicht…

Der Norden. Obwohl ich die frierigste Tante des blauen Planeten bin, fühle ich mich besonders im Norden wohl. Die Menschen sind herzlich, kennen die tollsten Witze, haben die grössten Kaffeetassen und schönsten Ziegelhäuser. Da klingeln bei mir innerlich alle Glöckchen. So soll es doch auch sein. Über Hamburg las ich ein wenig, wusste bzw weiss, dass mein Lieblingsübersetzer Harry Rowohl dort gelebt hat, freute mich auf den Hafen. Nach Ankunft am Hamburger Flughafen ging es flugs in ein Taxi (und ich wollte mir unbedingt den Namen des Fahrers merken), auf dessen abgesessenen buttercremfarbigen Sitzen wir Platz nahmen und ich in ein Gespräch über die Fahrradfahrer hineingezogen wurde. Mein Blick schweifte allerdings ab und ich staunte über die grossen Villen mit ihren noch gigantischeren Fenstern. Bis zum Garten kann man da hindurchsehen!

Die nächsten zwei Tage verbrachte ich mit Konzentration und Geduld in der Staatsoper. Was für ein Labyrinth! Nach zwei laaaaaaaangen Tagen kam endlich die applaudierte Pause. Das Herz hatte es am Morgen nach Hamburg geschafft und so konnten wir mittags eine Runde im Hafen drehen. Schwalben, riesige Transportschiffe, noch mehr Container, frische Luft – herrlich. Sofort und noch plötzlicher hatte mich in Hamburg in seinen Heringshänden.

Wir spazierten am Nachmittag am Michel vorbei, bevor es wieder an die Arbeit ging. Einige Stunden später, hundemüde, schleifte ich die müden Füsse in ein Restaurant hinter dem Rathaus, sass unter einem Wärmepilz, blickte auf den Kanal und konnte vor Überduseligkeit nicht den Mund halten.

Der vierte Morgen und es plätscherte aus allen Wolkenecken. Backen zusammen kneifen, war dann wieder das Motto. Unter einem riesigen Regenschirm zogen wir los. Vorbei an den alten Lagergebäuden, die wahrhaft charmant dastehen und zum Anpacken einladen. "Los, gebt mir einen Sack Mehl, eine Schubkarre und eine Latzhose, damit der Betrieb weitergehen kann!" Kräftig in die Hände gespuckt und dann wird losgerollt. Vor lauter Begeisterung versuchte ich die Regenblasen in den Schuhen zu ignorieren. Als es allerdings bei jedem Schritt "Splatsch" machte, hisste ich die weisse Fahne. Nahe einer Kirche liessen wir uns in einem hübschen Café nieder und ich schlürfte einen Chai Latté (ein wahres Herbstgefühl).

Am Abend Premiere in der Staatsoper und Live-Übertragung am Jungfernstieg. Was für eine Aufregung. Was für ein Ambiente! Dramtisch-festliche Stimmung durch und durch… Wie toll es ist, da abends am Ufer zu sitzen, einen Wein zu schlürfen und einen Film sehen zu können.

Sonntag liess ich es meinen müden Knochen bei einem Frühstück gut gehen und dann wurde durch die Stadt geflitzt. Hinauf auf den Michel (da ging mir wirklich die Puste aus), ab zum Hafen, Halt in der Milchbar (lecker, lecker, charmant), Rathaus, Innenstadt, Planten und Bloomen, Schanzenviertel… Im Park liessen wir es uns nicht nehmen wie Moderatoren eines Fussballspieles die kleinen Kinder während ihrer Radtourstunde zu kommentieren. Als die Kehle dann doch heiser war, streiften wir durch das Schanzenviertel, in welchem praktisch jeder Name und jede zweite Hauswand ein Foto wert sind. (Wobei wir wieder bei diesem Gedanken sind, warum alles so eine verniedlichte Betitelung bekommen muss. Oftmals finde ich diese Namen wirklich nett und ansprechend; tauchen sie dann aber zehnmal in einer Strasse auf, dann kann ich nicht anders als die Nase ein wenig zu rümpfen. Ist das ein zeitliches Phänomen? Ein x-y-z-Generationsding? Oder nur charmante Individualität?)

Vor dem Jungfernstieg machten wir kurz Stopp und ich bedankte mich für den Einblick. Und dann wurde es auch schon wieder Zeit zum Flughafen zu fahren…

Wie gross diese Stadt ist! Wie bunt und verspielt und beeindruckend. Es ist bisher selten vorgekommen, dass mich ein Ort so gepackt hat, aber Hamburg mit seinen Arkaden, Buchhandlungen und Freundlichkeit hat sich einen Platz auf meiner "Da muss ich auf jedenfall noch einmal hin"-Liste ergattert. Ich weiss auch schon wann…

Das war es für heute meine Lieblingsmatrosen!

A bientôt,

jenny


Il était une fois ...

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