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Eine Sandburg aus Farbentöpfen.

Ein wahrer Pariser packt hin-und wieder am Freitagabend eine Tasche und verschwindet in der campagne. Ein bisschen frische Luft schnuppern. Selbstgemachte Marmelade genießen; das Gedränge in der Metro hinter sich lassen. Diese Charaktere bevölkern die Bahnhöfe jeden Freitagabend. Sie sehen müde aus, können ihre Augenringe nicht mehr verstecken, quängeln, drängeln, jeder möchte als erster seinen Fuß im Landexpress haben.

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Vor einer Woche gehörte ich auch dazu. Wie Ines de la Fressange in ihrem Buch „La Parisienne“, das neben meinem Bett liegt, rät, tauschte ich Schmuck und Rock gegen robuste Schuhe und dicke Pullover aus (einen wunderbaren ziegelroten, den ich im Schlussverkauf erstanden hatte). Endlich wurde das Telefon ausgeschalten und der Computer zu Hause gelassen. Ein Akt, der mich mehr Nerven kostete, als gedacht. Mit Philipp Meyers Buch „The son“ ließ ich mich physisch von einem Zug und literarisch von einem texanischen Pferd kutschieren. Es ging nach Valence. Wie schon so oft in diesen drei Stunden konnte mich nichts wachhalten. Weder die Vogue, noch die Lautsprecheransagen, noch die nörgelnden Mitreisenden. Wie in Trance ließ ich das dunkle Schwarz an mir vorbeizeihen. Ob dort draußen wohl jemand am Fenster steht und den vorbeifahrenden Zug sieht? Ob bei einer Familie gerade die Suppenteller wackeln oder Opas Perrücke eine frische Brise bekommt, weil der Zug vorbeifährt? Man kann sich auf solchen Reisen von allerlei Gedanken begeistern lassen…

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Am Samstagmorgen ging es, wie üblich, auf den Markt. Das hat nichts von Pariser Märkten, auf denen die Käufer die Nase verknoten und zerknirscht fragen: “Ist das auch bio?“. Es heißt auch, dass die am schönsten aussehenden Gemüse-und Obstsorten nach Paris geliefert werden. Sozusagen: „Topobst gesucht! Heute um 20h15 auf Ihrem Ersten!“ Aber, wer möchte das schon? Na gut, vielleicht die verknoteten Nasen, aber ich möchte mich noch beim Gemüseschälen anstrengen!

Da kulinarische und räumliche Veränderung aber nicht das supérieur sind, erholte ich mich am Nachmittag in einem Wellnessbad. Schon bei dem Namen muss ich immer an weiße Bademäntel und Gurkenwasser denken. Nach ein paar Bahnen Schwimmen, bei denen ich Anstrengung und Stress aus mir herausboxte, legte ich den Kopf vor der Tür des Hamams ab und ging auf Gedankenurlaub. Der starke Eukalyptusgeruch drang in jeden Muskel (und setzte sich erstaunlicherweise sogar in meiner Tasche fest, die im Spint eingeschlossen war). Es war herrlich! Es war wie ein sanftes Dahinschmelzen auf einem Balsambett und wiegte mich sehr schnell in einen wunderbaren Schlaf.

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Der letzte Tag, Sonntag. In Paris bereichern wir diesen mit einer Ausstellung, Spaziergängen, Kuchen. Dieses taten wir auch dieses Mal. Im Valencer Museum traf ich auf Bilder eines Künstlers namens Cathelin, der wohl auch seine Pariser Genervtheit im Süden Frankreichs besänftigt haben muss. Wie sanft und doch farbenkräftig waren diese Werke. Fliederfelder, Geishas (die von weitem wie Weinflaschen aussahen), schöne Frauen, sattes Blattgrün. Nichts das nur im entferntesten an Lärm, Müll und zu bezahlende Rechnungen erinnerte. Hinreißend, charmant. Ja, das sind die Schlüsselwörter der Bilder…

… und des Wochenendes auf dem Land, das wie ein Buch von Isabel Allende, schnell vorbeigeht, doch beim Gedanken daran ein berührendes Gefühl weckt.

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A bientôt und eine schöne Woche!


Il était une fois ...

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